Katheterablation von ventrikulären Extrasystolen (VES) und idiopathischen Kammertachykardien
Prof. Dr. Matthias Antz
Dr. Joelle Beauport
Ventrikuläre Extrasystolen (VES) sind Fehlzündungen aus der Herzkammer. Bis zu einer gewissen Anzahl (ca. 500/ Tag) sind diese normal. Manche Personen merken sie gar nicht, andere verspüren jedoch Luftnot, Schwindel, Schwäche, Herzstolpern, Aussetzer oder einen langsamen Puls. Wenn kurz nach einem normalen Schlag ein Extraschlag auftritt, ist der gefühlte Puls langsamer als die eigentliche Herzfrequenz. Das liegt daran, dass sich die Herzkammern vor dem frühen Extraschlag nur mit sehr wenig Blut füllen können und der Extraschlag dann keine fühlbare Pulswelle produziert (sogenanntes „Pulsdefizit“). Treten viele Extraschläge hintereinander auf, handelt es sich um eine Kammertachykardie. Ist das Herz sonst gesund, ist die Kammertachykardie „idiopathisch“ und führt nur selten zu Bewusstseinsstörungen. Wenn aber eine Herzschwäche z.B. nach Herzinfarkt vorliegt, können Kammertachykardien lebensbedrohlich sein.
Während der Beschwerden des Patienten sollte ein EKG geschrieben werden. Zeigen sich dann ventrikuläre Extrasystolen im vollständigen 12-Kanal-EKG, kann deren Ursprung ermittelt werden: rechte oder linke Herzkammer, Lungenarterie nahe der Pulmonalklappe, Hauptschlagader nahe der Aortenklappe („Aortenwurzel“) oder in der großen Herzvene („Summit“), wobei einige dieser Regionen eng benachbart sind (z.B. die Ausflussbahn der rechten Herzkammer und die Aortenwurzel), so dass der Ursprungsort ganz genau erst im Herzkatheterlabor bestimmt werden kann. Die Häufigkeit der Extraschläge pro 24 Stunden wird in einem Langzeit-EKG ermittelt.
Wie ist der Ablauf der Behandlung?
Ventrikuläre Extrasystolen und idiopathische Kammertachykardien können grundsätzlich mit Medikamenten behandelt werden (meist Betablocker oder „Antiarrhythmika“). Dies ist aber nicht immer erfolgreich. Alternativ besteht die Möglichkeit, diese durch eine Katheterablation zu behandeln (gezielte Hitze-Verödung des Ursprungsortes der Fehlzündungen durch Hochfrequenzstrom über einen Spezialkatheter). Dies ist insbesondere dann erfolgversprechend, wenn die Extraschläge häufig auftreten, immer denselben Ursprungsort haben und aus der Ausflussbahn der rechten Herzkammer stammen. Je nach Ursprungsort und Häufigkeit der Extraschläge während des Eingriffs liegt die Erfolgsrate der Katheterablation zwischen 50% und 90%.
Vorbehandlung
Falls bereits eine medikamentöse Therapie der ventrikulären Extrasystolen oder Kammertachykardie besteht, wird diese 1-5 Tage vor der stationären Aufnahme abgesetzt. Hierzu geben wir im Vorfeld eine individuelle Empfehlung. Der stationäre Krankenhausaufenthalt für die Katheterablation der ventrikulären Extrasystolen oder idiopathischen Kammertachykardie dauert meist 3-4 Tage.
Ablauf des Kathetereingriffs
Am Tag des Kathetereingriffs muss der Patient nüchtern sein. Der Eingriff wird im elektrophysiologischen Herzkatheterlabor durchgeführt, meist mit Unterstützung eines 3D-Mapping-Systems („Navi des Herzens“). Der Eingriff kann mehrere Stunden dauern und erfordert stilles Liegen des Patienten, um die 3D-Karte des Herzens nicht zu zerstören. Im Herzkatheterlabor müssen die Extraschläge erneut im 12-Kanal-EKG aufgezeichnet werden. Treten diese nicht von selbst auf, muss ggf. auf einen Dämmerschlaf (Sedierung) verzichtet, ein Stress-Medikament über die Vene verabreicht oder das Herz über Katheter stimuliert werden. Treten die Extraschläge trotzdem nur sehr selten auf oder haben verschiedene Ursprungsorte, ist deren Lokalisierung schwierig und eine Verödung oft nicht möglich.
Nach örtlicher Betäubung werden mehrere Katheter über die Leisten- und manchmal auch zusätzlich über die Schlüsselbeinvene oder die Leistenarterie eingeführt und unter Röntgendurchleuchtung zum Herzen vorgeschoben. Letzteres ist schmerzlos, genauso wie das manchmal notwendige Durchstechen der Vorhofscheidewand (transseptale Punktion). Die Herzhöhle oder das Gefäß in der Nähe des vermuteten Extrasystolen-Ursprungs wird mit Kontrastmittel dargestellt, was meist als innerliche Wärme vom Patienten wahrgenommen wird.
Anschließend wird das Herz mit einem Spezialkatheter abgetastet, eine 3D-Karte angefertigt und der genaue Ursprungsort der Extraschläge bestimmt. Treten die Extrasystolen während des Eingriffs nur sehr selten auf, wird die Zielregion über den Spezialkatheter an verschiedenen Stellen stimuliert und das resultierende EKG mit den vorher spontan aufgetretenen Extrasystolen solange verglichen, bis beide EKGs übereinstimmen. Das letztgenannte Vorgehen ist ungenauer und die Erfolgsrate geringer. Die Extraschläge werden dann an ihrem Ursprungsort mit Hitze verödet. Die Verödung selbst wird manchmal als Druck in der rechten Schulter oder der Brust wahrgenommen, wogegen wir Schmerzmittel verabreichen können. Ansonsten ist der Eingriff nicht schmerzhaft. Anschließend werden die Katheter entfernt und Druckverbände auf den Punktionsstellen angebracht. Die Patienten werden im Bett zunächst auf die Überwachungsstation und dann auf ihr Zimmer zurückverlegt und müssen für 6-8 Stunden mit gestreckter Leiste Bettruhe einhalten. Wir überwachen dann weiterhin den Herzrhythmus über ein tragbares Dauer-EKG (Telemetrie).
Nachbehandlung
Am Morgen nach der Katheterablation erfolgt eine Ultraschalluntersuchung des Herzens von außen und ein EKG. Um die Leisten-Punktionsstellen zu schonen, sollten die Patienten nach der Katheterablation für 10 Tage schwere körperliche Belastungen vermeiden. Um den Langzeiterfolg zu beurteilen, sollte nach 2-3 Monaten beim niedergelassenen Kardiologen ein Langzeit- EKG über 24 Stunden durchgeführt werden. Wir bitten dann um Befundübermittlung.
Welche Komplikationen können auftreten?
Schwere Komplikationen sind bei diesem Eingriff selten (<0,8%). Gelegentlich kommt es zu Nachblutungen oder Blutergüssen an den Katheter-Einführungsstellen, sehr selten zu Blutungen in den Herzbeutel. Selten sind Verletzungen von Herzklappen, der Überleitungsstelle („Schaltzentrale des Herzens“; AV-Knoten) mit notwendiger Schrittmacher-Implantation oder Verletzung eines Herzkranzgefäßes, was zum Herzinfarkt führen könnte. Außerdem selten sind Schlaganfälle bei Behandlungen auf der linken Herzseite oder Eindringen von Luft (Pneumothorax) oder Blut (Hämatothorax) in den Brustkorb im Falle eines Zuganges über die Schlüsselbeinvene sowie Überempfindlichkeit auf das Röntgenkontrastmittel oder andere Medikamente.