Klinikum Braunschweig: Modernster Roboter produziert Krebsmedikamente

04.03.2019
Herzstück des Roboters sind die Vorbereitungs- und die Herstellungskammer, die über eine Art Karussell miteinander verbunden sind.

Foto: Klinikum Braunschweig / Peter Sierigk

Das Klinikum Braunschweig verfügt über eines der größten und modernsten GMP-Zentren für Krankenhäuser in Deutschland. Dabei steht GMP für „Good Manufacturing Practice“. Diese sogenannte „gute Herstellungspraxis“ in der Produktion von Arzneimitteln und Wirkstoffen erfolgt in Reinraum-Laboren. Inzwischen ist die Zukunft im Klinikum noch einen Schritt weiter: Jetzt unterstützt einer der modernsten Roboter die Mitarbeitenden bei der Zubereitung von Zytostatika.

Laut Klinikum-Geschäftsführer Dr. Andreas Goepfert lagen die Beschaffungskosten in einem mittleren sechsstelligen Bereich. Der Braunschweiger Maximalversorger ist demnach das erste nicht-universitäre Krankenhaus mit solch einem Roboter, der die Sicherheit für Patienten und Personal weiter erhöhe.

Zytostatika sind natürliche oder synthetische Substanzen, die das Zellwachstum beziehungsweise die Zellteilung hemmen. Sie werden vor allem zur Behandlung von Krebs eingesetzt. Um die Zytostatika individuell für die jeweiligen Patienten herzustellen, dürfen die Mitarbeitenden der Klinikum-Apotheke die Labore nur mit Schutzkleidung betreten. „Die höchste Gefahrenquelle für Verunreinigungen ist der Mensch, daher haben wir sehr strenge Bekleidungs- und Verhaltensvorschriften“, verdeutlicht Chefapotheker Hartmut Vaitiekunas. In den Laboren werden die Partikeldichte in der Luft, die Luftfeuchtigkeit, der Druck und die Raumtemperatur ständig überwacht. Mitarbeiter müssen sich in ihrer Schutzkleidung einschleusen. Im sterilen Bereich tragen sie OP-Handschuhe, einen sterilen Overall, sogenannte „Reinraumstiefel“ und eine Kopfhaube mit „Sehschlitz“. Sie dürfen zum Beispiel kein Make-up tragen und sich noch nicht einmal schnell bewegen, da sie sonst zu viele Luftverwirbelungen auslösen würden.

Dieses alltägliche Prozedere bleibt dem neuen Apoteca Roboter erspart. Wuchtig steht er da, mehr als zwei Meter breit, fast zweieinhalb Meter hoch, mit einem Gewicht von mehr als 1,6 Tonnen. „Um den Roboter in zwei großen Teilen in das Reinraum-Labor zu bekommen, musste zuvor eigens eine Wand herausgenommen und die restlichen Labore separiert werden“, erinnert sich Apothekerin Dr. Julia Eichmüller. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Gabriele Schöne erklärt sie die Funktionsweise des Roboters: „Kernstück sind zwei Kammern hinter Glas, einmal der Vorbereitungs- und daneben der Herstellungsbereich.“ Über die Beladezone des Vorbereitungsbereiches gibt Kollege Mensch dem Roboter die einzelnen Zutaten für die Herstellung der Zytostatika hinein. Über eine Art Karussell befördert der Roboter diese Zutaten in die Herstellungskammer, löst dort Pulver in Flüssigkeiten auf und zieht Flüssigkeiten auf Spritzen auf. Eine digitale Waage und eine Kamera überwachen den Produktionsprozess, die Zuordnung erfolgt über Barcodes. Alles erfolgt aseptisch mittels eines Partikelmonitorings, das den Bedingungen der Reinraumklasse A unterliegt. Die Vorteile liegen auf der Hand: eine höhere Qualität und mehr Medikamenten- bzw. Patientensicherheit.

Bislang haben all diese Produktionsschritte jeweils zwei Pharmazeutisch-technische Assistentinnen (PTA) vollzogen. Eine reichte die Bestandteile an, eine stellte die Zytostatika her. Künftig genügt eine Kraft, die den Roboter befüllt, bedient und überwacht. „Das dadurch frei werdende Personal können wir nun dafür einsetzen, durch Übernahme zusätzlicher Aufgaben das Pflegepersonal zu entlasten“, erklärt Apothekerin Dr. Julia Eichmüller. So könnten die PTA zum Beispiel für die Klinikstationen Notfallspritzen aufziehen. Und noch ein weiterer Vorteil: Im Produktionsprozess kommen die Mitarbeitenden dank des Roboters nicht mehr selbst in engen Kontakt mit den sogenannten CMR-Stoffen, aus denen Zytostatika bestehen. „Diese Stoffe sind giftig und können selbst wiederum krebserregend sein“, erklärt Dr. Eichmüller.

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