Operative Behandlung von Hirntumoren
Neurochirurgie
Die Mitteilung der Diagnose „Hirntumor“ ist für die Betroffenen schockierend und belastend. Von den etwa 130 verschiedenen Geschwülsten im zentralen Nervensystem sind aber viele einer Behandlung zugänglich, können verkleinert, am Wachstum gehindert und oft auch vollständig entfernt und geheilt werden. Etwa 2/3 der Tumoren im Kopf sind gutartig, viele entstehen auch nicht im Gehirn selbst, sondern wachsen von der harten Hirnhaut, dem Schädelknochen oder der Schädelbasis aus gegen das Gehirn vor, ohne das Hirngewebe selbst zu zerstören.
Bei welchen Krankheitsbildern ist die Operation geeignet?
Am häufigsten behandeln wir folgende Arten an Hirntumoren:
- Gliome, die von Nervenstützzellen ausgehen und von denen es Übergänge von gutartigen zu bösartigen Typen gibt
- Meningeome, die von der harten Hirnhaut ausgehen und die fast immer gutartig, gelegentlich aber durch ihre Lage und ihre Ausbreitung anspruchsvoll zu behandeln sind
- Akustikusneurinome, die vom Gehör/Gleichgewichtsnerven ausgehen, langsam wachsen und stets gutartig sind. Hier wird die Entfernung unter Erhaltung der Funktion von Hör- und Gesichtsnerv angestrebt
- Hypophysenadenome, die von der Hirnanhangsdrüse ausgehen, zu Hormonveränderungen und Sehstörungen führen können und die wir meist durch die Nase hindurch ohne direkten Kontakt zum Hirn entfernen
- Hirnmetastasen, die von der Krebserkrankung eines anderen Körperorgans ausgehen und im Hirn gut abgrenzbar sind. Einzelne Hirnmetastasen werden operativ entfernt, bei mehreren sind Bestrahlung und Chemotherapie erforderlich
Welche Ziele hat die Operation?
Tumoren, die von Hirnzellen selbst ausgehen, können sich tief im Hirngewebe verteilen, hier kann entsprechend der Abgrenzbarkeit der Geschwülste nicht immer eine vollständige Entfernung gelingen. Die Strategie muss immer sein, unter optimaler Erhaltung der Hirnfunktionen die Geschwulst vollständig oder weitestgehend zu entfernen und damit die Voraussetzung für eine unterstützende Nachbehandlung mit Strahlen- oder Chemotherapie zu verbessern. Außerdem ist die Gewinnung einer möglichst großen Tumorprobe für die feingewebliche Untersuchung sehr wertvoll, da es mittlerweile möglich ist, Hirntumoren nach ihren biologisch-immunologischen Eigenschaften gezielt zu behandeln.
Wie sind die Erfolgsaussichten der Operation?
Bei gutartigen Geschwülsten, z.B. Meningeomen, gelingt meist eine vollständige und dauerhafte Entfernung. Wenn gutartige Tumoren wie Hypophysenadenome oder Kraniopharyngeome wichtige Hirnggefäße oder Sehnerven umgreifen ist eine defensivere Strategie mit Belassung von kleinen Tumorresten besser zur Funktionserhaltung. Oft wachsen diese Reste über Jahre nicht weiter, oder sie können mit präziser Strahlentherapie kontrolliert werden.
Bösartige, aus dem Hirngewebe selbst entstehende Tumoren, z.B. das Glioblastom, neigen trotz genauer Beachtung der operativen Tumorgrenzen zum Nachwachsen im umgebenden, bis dahin gesunden Hirngewebe. Deshalb benötigen sie eine gezielte Nachbehandlung mit Strahlentherapie, Chemotherapie und gelegentlich Alternativmethoden wie Therapiefeldern, Immuntherapien oder Behandlung mit Mistel- und Weihrauchextrakt. Gelegentlich sind auch Nachoperationen möglich, wenn der Tumor in einer erreichbaren Region verbleibt.
Wie ist der Ablauf der Operation?
Die Operation und Narkose werden individuell geplant und vorbereitet. In den Tagen vor der Operation werden zur Sicherheit weitere Erkrankungen und Tumoren anderer Körperregionen abgeklärt und hochauflösende Bilder zur Navigation während der Operation angefertigt. Am Operationstag beginnen wir morgens mit dem Hirneingriff, um bereits nachmittags Sicherheit zu haben, dass der Eingriff gut überstanden wurde. Bei hirneigenen Tumoren geben wir früh um 5.00Uhr Gliolan-Saft zu trinken. Die darin enthaltene Aminosäure reichert sich im Tumor an und führt zu einem fluoreszierenden Aufleuchten des Glioms unter Blaulichtbeleuchtung mit dem Mikroskop. Damit kann man die Tumorgrenzen besser erkennen und den Tumor gründlicher entfernen.
Nach der Operation wird die Narkose im Aufwachbereich oder auf der Intensivstation ausgeleitet und der Frischoperierte 24 Stunden beobachtet. Bei Auffälligkeiten führen wir eine Computertomographie durch. Bei Gliomen sollte innerhalb von 48Std. eine Magnetresonanztomographie durchgeführt werden, um Tumorreste ausschließen oder für die Nachbehandlung erfassen zu können.
Welche Komplikationen können auftreten?
Eine Hirnoperation ist immer mit besonderen Risiken verbunden: Hirnschwellung, Blutung, Infarkt können zu Funktionsstörungen des Hirns wie Wachheitsstörungen, Persönlichkeitsveränderungen, Lähmungen, Störungen von Sinneswahrnehmungen oder epileptischen Anfällen führen. Vermeidung und Beherrschung dieser Probleme sind zentrale Aufgabe des OP-Teams. Mit Erfahrung, Sorgfalt und zuverlässiger, moderner Technik im OP und auf der Intensivstation sind die meisten Komplikationen zu beherrschen. Sprechen Sie uns auf auf individuelle Besonderheiten und Risiokofaktoren an – wir wählen die für Sie sicherste Strategie!
Wissenswertes
Neurochirurgie ist Feinstarbeit. Ein immenser Vorteil ist daher die Kombination verfeinerter Operationsverfahren unter dem Mikroskop mit der computergestützten Zielpunktberechnung oder Neuronavigation. Durch diese Technik können auch kleinste krankhafte Veränderungen im Gehirn mit einer Genauigkeit von weniger als einem Millimeter Abweichung aufgesucht und behandelt werden.
Vor einer geplanten Operation werden mit Hilfe der Computertomographie und der Kernspintomographie Daten vom Operationsgebiet (z. B. Gehirn) gewonnen und in einem Rechner gespeichert. Während des Eingriffes nimmt eine Infrarotkamera Markierungen wahr, die zuvor im Operationsgebiet angebracht worden sind, und projiziert diese auf die vorher angefertigten Schichtaufnahmen.
Der Operateur kann die Position seines Instrumentes in drei Ebenen auf dem Monitor betrachten und kennt dessen genaue Position. Dadurch wird sicherer und präziser mit kleineren Wunden und kleineren Öffnungen des Schädels und der Wirbelsäule operiert. Hirneigene Tumore können bei der Operation mit einem Farbstoff markiert und unter Blaulichtbetrachtung genauer bis in den Randbereich entfernt werden.
Wichtige Hinweise
Die operative Entfernung eines Hirntumors ist bei bestimmten Tumorarten nicht ausreichend, um ein Weiterwachsen oder Wiederauftreten des Tumors zu vermindern. Aus diesem Grund ist eine intensive Zusammenarbeit der Neurochirurgie mit der Strahlentherapie und der internistischen Chemotherapie erforderlich. Die Fälle werden in Tumorkonferenzen besprochen, einvernehmlich weiterbehandelt und über Monate und Jahre hin immer wieder mit Magnetresonanztomographien kontrolliert und in der Nachsorge ambulant im Medizinischen Versorgungszentrum der Neurochirurgie oder des Cancer-Centers betreut. So können verdächtige Neubildungen zeitnah und effektiv weiterbehandelt werden. Mittlerweile gibt es Patientinnen und Patienten mit schwierig zu behandelnden Tumoren, die wir bereits seit über 20 Jahren beobachten und betreuen.